Montag, 6. September 2010

Daheim

Ja, ich bin daheim!! Seit Freitag Abned 20:13 wandle ich wieder auf deutschem Staatsgebiet und genieße es in vollen Zügen. Noch. Die Vorfreude war riesig und wurde bisher auch nicht enttäuscht, doch die Differenzen zwischen Tansania und Deutschland sind schon wirklich gewaltig und ich bin mir sicher, dass mir der Müßiggang, die Offenheit der Menschen und die generelle Unbekümmertheit fehlen werden. Doch Deutschland hat ja auch ein bisschen was zu bieten. Um einen kleinen Eindruck zu geben, was ich damit meine, stelle ich hier mal die Wunschliste rein, die ich eine Woche vor der Heimkehr an meine Eltern schickte:

Schokoeis mit Stueckchen drin
drei- oder vierlagiges Klopapier
frisce Vollmilch
Kabapulver
meine Anlage, aufgebaut
die FAS muss am Sonntag kommen (ich nehme an, ihr habt sie eh nicht abbestellt)
zartes Fleisch (an irgendeinem Wochenendtag)
skatebares Wetter (okay, das koennt ihr nicht beeinflussen...)
frischbezogenes Bett
gute Musik im Auto, wenn ihr mich abholen solltet - ich denke da an
ACDC, Hell's Bells
ein bisschen Zeit wenn's geht
die Erlaubnis einen intensiven Grillabend zu veranstalten
(vorzugsweise am Samstag)

So sieht's aus!

Der Blog wird von mir jetzt nicht weiterbedient, solange ich nicht noch einmal für lange Zeit ins Ausland abwandere. Ich danke daher allen, die daran während der vergangenen zwölf Monate gelesen haben und hoffe, gut unterhalten zu haben.
Bis dahin, kwa hereni!
Hannes

Dienstag, 31. August 2010

Soeben befinde ich mich im Hauptbuero von Envirocare im beschaulichen Makongo Juu und surfe im Internet. Eigentlich bin ich ja gekommen, um meine Bekanntschaften aus den ersten beiden Monaten Tansania zu verabschieden, doch eine Welle Schwangerschaften hat das Personal ziemlich durcheinander gewirbelt. Scola: babyboy; Khadija: babygirl; Haika: babygirl; Emily: daheim in Uganda; der Rest: unterwegs. Naja, dann werde ich nach dem Verfassen dieses Blogeintrags wohl noch ein paar Meter weiter zu meiner einstigen Wohnstaette spazieren. Wer weiss, vielleicht findet sich dort ja ein Bekannter.
Der Abschied in Moshi war zwar lange geplant, kam dann aber doch recht ploetzlich. Im Bus sind mir dann auch ein paar Leute eingefallen, die ich vielleicht anstandshalber haette verabschieden sollen. Andererseits wussten ja auch alles, dass ich gehe und so ist mein Verschwinden immerhin nicht ganz unerklaerlich. Eine grosse Party habe ich nicht veranstaltet, das war mir doch etwas zu bloed. Zwei Verabredungen hatte ich und die wurden beide tagelang verschoben. Schliesslich kam es aber immerhin zum Abschlussabend mit den Bueroleuten, der ziemlich feuchtfroehlich begangen wurde. Entsprechend muede war ich gestern auf der Busfahrt...
Insgesamt habe ich den Eindruck, dass der Abschied fuer viele Tansanier voellig egal war. Ein paar wenige schienen aber wirklich traurig zu sein. Das waren in der Regel nicht die Leute, die ich in den Dicsos getroffen habe, sondern jene, die kein Englisch sprechen und meist auch ein ziemlich einfaches Leben fuehren. All jene, die sich Abend fuer Abend mit anderen Weissen in irgendwelche Bars begeben hatten hingegen kein Interesse an meinem Abschied. Es verabschiedet sich ohnehin jede Woche irgendein Mzungu aus ihrem "Freundeskreis" und sie sind es gewoehnt, dass es zugeht wie im Taubenschlag.
Heute noch einmal Second-Hand-Markt und Supermarkt, davor der besagte Spaziergang durch Makongo Juu und abends eine Runde Fussball mit Marius, der mir zum wiederholten Male Obdach bietet. Morgen dann ein bisschen durch Dar wandeln, ein letztes Mal in Kariakoo in den Menschenmengen verloren gehen und die Farbenfreude in den vielen Gassen geniessen, im "Malaika" ein letztes Bier am Strand geniessen und dann den Abend bis um 03:00 nachts um die Ohren schlagen. Und dann geht es auch schon zum Flughafen und ueber Kairo heim.
Schoen war's, schoen wird's :)

Dienstag, 24. August 2010

Mitbringsel

Massaimesser, bunte Umhaengetuecher, bunte Handtaschen, Massaituecher, Holzschnitzereien (okay,die sind schwer), bunte Bilder, billige Zigaretten, tansanischen Schnaps aus Plastiktueten, eine Kochbanane, qualitativ minderwertige DVDs mit 20 Filmen auf einer CD - was auch immer gewuenscht wird, man moege es mir sagen und ich werde schauen, ob es in den Koffer passt. Elektrogeraete sind hier uebrigens nicht billiger, wenn man es unter dem Preisleistungsaspekt betrachtet...ansonsten verbleibe ich mit einem Tipp, den ich heute in Sachen Wahl bekommen habe: man sollte bei der Wahl immer auf sein Herz hoeren und nichts aus Gruppenzwang machen - und deshalb einfach den Stimmzettel im Wahlbuero lesen und dann intuitiv waehlen, wer einem auf dem Papier sympathischer erscheint. Im Oktober sind hier Wahlen...Kampagnien laufen auch schon und ich bin froh, nicht waehlen zu muessen. CCM, die Partei (die Partei, die Partei, die hat immer recht...) wird ohnehin gewaehlt, obwohl sich meinem Eindruck nach kein anderes Land Ostafrikas so langsam entwickelt (obwohl oder weil es so friedlich ist?). Doch was ich hier von der Opposition gesehen habe, ist auch nicht sehr viel ueberzeugender. In Moshi gibt es einen stinkreichen Oppositionspolitiker, der unbestechlich ist und das auch immer ganz stolz sagt. Ich habe ihn einmal ein bisschen erzaehlen gehoert und noch mit anderen Leuten ueber ihn gesprochen und - tatata - am Beginn seiner ganzen Geldscheffelei steht angeblich eine Taetigkeit beim Zoll im Hafen von Dar Es Salaam. Als er dort kuendigte, baute er das erste Speditionsunternehmen auf, das zwischen Dar und Sambia verkehrte und wurde ziemlich schnell ziemlich reich.
Heutzutage besitzt er sogar einen Helikopter, mit dem er auf Wahlkampagnie geht. Frueher lieh er sich den Vogel nur aus, bis die CCM ein Gesetz erliess, das Helikopter waehrend der drei Monate vor der Wahl nicht zu solchen Zwecken eingesetzt werden duerfen. Das sagte zumindest der Herr. Aus anderer Quelle wurde mir gesagt, er habe seine Partei ja immer tatkraeftig unterstuetzt, die Laihausgaben fuer den Heli warenaber recht hoch. Also hat er sich den gekauft und verwendet jetzt die Haelfte des Wahlkampfbudgets der Partei, um dieser den helikopter zu leihen. Ist das noch verstaendlich? Naja, auf jeden Fall ist die Opposition nicht so sehr sauber. Noch dazu hat ihr reicher Anfuehrer die Kondition festgelegt, dass fuer seine finanzielle Unterstuetzung seine beiden Toechter die Extrasitze der Partei im Parlament bekommen. In fuenf Jahren haben die beiden Damen angeblich kein Wort im Parlament gesagt, jedoch das Salair eines Parlamentariers eingtestrichen - und gleichzeitg noch eine wunderbare Frauenquote beguenstigt, die im Ausland mit Sicherheit gerne gesehen wird...
...aber die Chadema, die Oppositionspartei, von der ich gerade rede, ist auch nicht die groesste Oppositionspartei und eigentlich nur in Moshi und Umgebung populaer. Wichtiger ist die CUF, die Civil United Front. Sie ist auf Zanzibar sehr stark und hat auch entlang der Kueste Bedeutung. Doch je weiter es ins Landesinnere geht, desto unbedeutender wird sie. Waherend die Cals die Chaggapartei (Chagga ist das Volk, das am Kili lebt) bezeichnet wird, gilt die CUF fuer viele als die Partei der Muslime. Da bleibt als Volkspartei nur die CCM...viel mehr kann ich ueber das politische Geschehen in diesem Land leider nicht weitergeben, da es mir an Infos fehlt...

Freitag, 20. August 2010

Ein letztes Mal bin ich nach Moshi zurückgekehrt, bevor ich in eineinhalb Wochen endgültig abreisen und in genau zwei Wochen ins Flugzeug steigen werde. Gemischte Gefühle.
Zur Zeit habe ich einen Auftrag zu erledigen, der sich aber nicht ganz so einfach gestaltet, wie es sich jene denken, die ihn mir gegeben haben: ich soll den Businessplan für das geplante Biokaffeecafé ausarbeiten und die Vorbereitungen zu dem Projekt so weit wie möglich voranbringen, sodass nach meiner Abreise nur noch kurz eingekauft werden muss und das Café eröffnet werden kann. Eine Woche bin ich durch Moshi spaziert – nein, gerannt! – und habe so viel ich konnte Preise abgefragt, Räumlichkeiten überprüft und den Businessplan Stück für Stück ausgefüllt. Doch es lässt sich halt nicht alles alleine machen. Und es stellt sich auch die Frage, ob es sinnvoll ist, überhaupt nur ein Teil in Moshi zu kaufen, wo es im Großhandel in Dar wohl viel billiger ist. Und wo bekomme ich die besten Kaffeemaschinen? Oder zumindest eine Kaffeemaschine, die mehr als fünf Tassen in einer halben Stunde brüht? Wo werbe ich einen Koch an? Woher weiß ich, dass der angegebene Mietpreis nicht von der Hautfarbe abhängig gemacht wurde? In vielen Fragen brauche ich einfach einen Einheimischen bei mir, der entsprechende Kontakte und entsprechendes Wissen hat, ansonsten komme ich nicht weit.
Die Arbeitseinstellung in unserem Büro kommt mir da nicht gerade zugute. Prinzipiell gilt, wer höher steht, kann delegieren, wer unten ist, hat nichts zu melden. Als Freiwilliger bin ich selbstverständlich der Letzte in der Hierarchie. Damit habe ich gar kein Problem, das ist ja nur logisch, aber dass ich deshalb bei der Äußerung eines Wunsches genauso gut mit dem Laptop oder der Wand reden könnte, ist enttäuschend. Zumal Grace momentan weg ist und von den anderen kein Interesse an dem Caféprojekt zu verspüren ist. Jeder arbeitet halt sein Ding runter.
Die Tatsache, dass ich im Moment alleine an dem Projekt arbeite, bereitet mir auch insofern Sorgen, dass ich nicht weiß, wer die Sache dann weiterführen wird. Und wie?!? Geplant ist ja ein Café. Ich wollte dort noch eine Ausstellung über Kaffeeanbau in der Region, Biokaffee und den globalen Kaffeemarkt reinpacken. Grace ist es wichtig, dass ein Internetcafé darin ist. Und wenn wir im Büro drüber reden, geht es immer nur um “das Internetcafé”. Trotz aller Erklärungsversuche habe ich es bis dato nicht geschafft, die Ausstellung als wichtigstes Nebenprojekt zu etablieren und ich befürchte, dass es in meiner Abwesenheit niemals eine Ausstellung geben wird...was machen!?!

Nun denn, als ich den Businessplan soweit hatte, wie ich ihn ausarbeiten konnte, verließ ich Moshi noch einmal. Ich war von einer Freundin, Abi ihr Name, nach Nairobi eingeladen worden. David und ich hatten sie bereits während unserer Reise besucht und sie hatte uns eingeladen, noch einmal zu kommen, wenn sie mit ihren Examen fertig sein würde, sodass sie uns rumführen könne. David konnte die Anreise aus Malawi aufrgrund der Distanz natürlich nicht antreten, so bin ich letzten Samstag alleine nach Nairobi gefahren.
Wir spazierten durch die Innenstadt, aßen Fast Food Pizza und setzten uns in die ein oder andere Bar. Diese Establishments hätten von der Atmosphäre her auch in Frankfurt sein können. Seichte Musik, viele Menschen, gehobene Preise, gemütlich eingerichtet. Gäbe es so etwas in Moshi, es wären nur Weiße dort. In Nairobi gehen aber auch (vor allem) Einheimische weg und so waren die Bars stets gut besucht, ohne dass ich einen einzigen Weißen sah. Es ist nicht weit von Moshi nach Nairobi, fünf- oder sechshundert Kilometer vielleicht, aber es sind Welten, was das soziale Leben anbelangt. Doch auch Dar Es Salaam, Blantyre, Arusha und wo ich sonst noch war sind noch viele Schritte hinter Nairobi zurück. Etwas unangenehm war bloß, dass Abi und ich in keine Tanzbar gehen konnten, da das männliche Geschlecht dort erst nach 26 Lenzen eintreten dart. Ärgerlich. Da dachte ich mir dann, dass die Nairobianer vielleicht einen Tick zu cool sind. Naja, wir waren nur den einen Abend weg, am nächsten Tag fuhren wir nach Mombasa.
Dort besuchten wir Taiyani, Abis Schwester, die uns nicht nur wunderbar rumführte, sondern uns auch Obdach auf einer Matratze in ihrem kleinen Zimmer gab. Für sie eine Selbstverständlichkeit, der ich sehr, sehr dankbar bin. Da haben wir sie wieder – die uneingeschränkte Gastfreundschaft, die ich während der letzten elfeinhalb Monate erfahren habe.
In Mombasa fühlte ich mich so unwohl wie noch nie, seit ich in Ostafrika unterwegs bin. Nicht, dass ich stets Angst hatte, ausgeraubt zu werden, ich war ja auch in Begleitung Einheimischer, die Bescheid wussten. Eigentlich gibt einem diese Begleitung neben der Sicherheit auch immer das Gefühl, viel näher an der Gesellschaft dran zu sein. Diesmal nicht. In Begleitung zweier junger, hübscher, schwarzer Mädchen war ich sofort als Sextourist abgestempelt und wurde von den normalen Einheimischen verächtlich, von den dicken, schnauzbärtigen Deutschen (traurig, aber wahr: fast alle der einsamen Herren, die ich am Strand oder in den Bars sah, waren Deutsch) bewundernd und von den Scharen von Prosituierten begehrend angeschaut. Die Tatsache, aus Prinzip als Freier angesehen zu werden bewirkte mein Unbehagen.
Mombasa ist das erste Reiseziel, das ich hier auf meinem Blog als nicht empfehlenswert bezeichne. Mit Abi und Taiyani hatte ich eine schöne Zeit, doch die Stadt trug nichts dazu bei! Noch eine kleine, unangenehme Geschichte gefällig, die mal wieder ein schlechtes Bild auf den weißen Mann wirft?
Taiyani leistet gerade ein dreimonatiges Praktium in einem Fünf-Sterne-Hotel ab. Sie arbeitet in dieser Zeit in allen möglichen Bereichen und so war sie selbstverständlich auch schon als Kellnerin tätig. In langem Rock und anständiger Bluse, durfte sie sich dann von männlichen Kunden fragen lassen, ob sie nicht mit aufs Zimmer kommen möchte, ihre Figur sei so gefällig. Auf ein “Excuse me?” kommt dann auch keine Entschuldigung, sondern ein Geldangebot. Nein, kein Bordell, ein Fünf-Sterne-Hotel! In den Tagen in Mombasa betrieb ich Fremdschämen wie noch nie zuvor in meinem Leben...alles in allem hatte ich aber doch eine echt gute Zeit, was defintiv Abi und Taiyani zu verdanken ist.
Kommt noch ein Blog-Eintrag vor meiner Abreise? Ich denke doch! Ansonsten kann ich nur weiterleiten nach Ecuador, wo mein verehrter großer Bruder Simon sein weltwärts-Jahr in Angriff genommen hat: sim-lin.blogspot.com

Dienstag, 3. August 2010

Oh Moshi, mein Moshi!

Seit Freitag bin ich wieder in meiner Stadt, in neuem Zimmer in der Innenstadt und genieße die Planungssicherheit des Sesshaften. Wo schlafe ich morgen? Wann esse ich wo? Verträgt sich die Portion Reis auch mit den weiteren sechs Stunden pausenloser Busfahrt? Wo dusche ich das nächste Mal? Wann kann ich mal meine Klamotten waschen? Kann ich es wagen mit dem Rucksack im Dunkeln allein rumzurennen? Ist es gefährlich in Badeschlappen mit Rucksack auf dem Rücken und Zelt und Tasche in den Händen mit fünfzig Km/h, ohne Helm auf einem kleinen Motorrad auf der Schotterstraße in Serpentinen runterzufahren? Sollte ich für den zehnfachen Preis ein Taxi nehmen?
Fragen über Fragen...eine Antwort fand sich immer. Ob das dann auch die schlaueste war, lässt sich beispielsweise am Beispiel der letzten sehr kontrovers diskutieren. Aber hier sei erwähnt, dass es in Uganda fast gar kein anderes Verkehrsmittel gibt. Gut, das war vielleich gelogen, doch das Motorrad fährt überall hin und egal, wo man sich befindet, ein Boda-Boda (so der Name der Motorradtaxis) findet sich überall. Und was macht man, wenn man acht Kilometer außerhalb des beschaulichen Jinjas auf einem Campingplatz oberhalb des riesigen Nils Zeltet. Nein, Minibusse gibt es da nicht :) Ja, Jinja war schon ein schöner Ort. Während David dort seine Bakterien aus Blut und Stuhl bekämpfte, kämpfte ich in den Stromschnellen des Nils gegen das Wasser oder rutschte auf einem Colakasten eine sechs Meter lange Betonrutsche runter, um dann aus dreieinhalb Meter Höhe in den Nil zu springen.
Für unseren gesamten Ugandaaufenthalt lässt sich sagen, dass wir ziemlich wenig mit den Einheimischen in Kontakt waren. In Jinja redeten wir einmal über eine Stunde mit einem Einheimischen über das zum Scheitern verurteilte Bildungssystem der Afrikaner, über den Einfluss der Religion (er ist mit 18 aus dem Islam raus und bis heute der Überzeugung, dass die Weltreligionen Afrika nur ausnehmen), über Panafrikanismus und noch vieles mehr. Aber ansonsten hielten wir uns aus Budgetgründen immer auf Campingplätzen auf und die liegen ja meistens etwas ab vom Schuss, sodass man einfach dort liegen oder sitzen bleibt und liest, sich mit anderen Reisenden, den Inhabern (meist auch keine Einheimischen) oder dem Personal unterhält oder einfach die Schönheit der Natur genießt. Ob in Jinja, auf den Ssese Islands oder am Lake Bunyonyi, überall waren wir in atemberaubend schöner Umgebung. In Jinja campten wir wie gesagt am Ufer des Nils und blickten von einer schönen Terrasse auf den riesigen Fluss hinunter. Auf den Ssese Islands auf einer schönen Wiese direkt am Strand, ließ sich der dauerhafte Sonnenschein, sowie der wunderbare Sonnenuntergang im Lake Vicotria genießen. Und am Lake Bunyonyi nächtigten wir auf einer Insel, mitten in dem sauberen, dunklen Wasser, zwischen den steilen Hängen der allgegenwärtigen Berge und unter dem permanenten Wolkenschirm. Ja, es war wirklich sehr märchenhaft.
Vor Uganda waren wir logischerweise (man nehme eine Karte zur Hand) in Kenia. Dort beließen wir es hauptsächlich bei Nairobi. Die Stadt hat mich echt ziemlich umgehauen. Bartholomäus Grill, dessen Buch “Ach, Afrika!” auf dieser Reise genoss, schreibt, auf ein Zitat Musevenis (ugandischer Präsident) aufbauend, dass ohne eine Mittelschicht keine nachhaltige Entwicklung in Afrika stattfinden wird und dass Nairobi eines der gantz wenigen Exempel für ein solches Gesellschaftsphänomen ist. Den Eindruck hatte ich auch. Es war praktisch wie in einer europäischen Großstadt. Die Hautfarbe war halt anders und als wir uns das Spiel Deutschland – Spanien ansahen, merkten wir auch, dass die Leute innen drin noch ihre ursprüngliche Heiterkeit besitzen. Was in Nairobi auf den Straßen los war, war enorm. Überall Autos, viel Stau und Menschenmassen, wie ich sie vielleicht in Chicago, aber noch nirgendwo in Europa gesehen habe. Da war ich echt beeindruckt. Am besten in Erinnerung geblieben, ist mir die Gastfreundschaft von Abigail, einer kenianischen Studentin, die ich auf Zanzibar kennengelernt hatte und die uns bei sich wohnen ließ, die Orientierungslosigkeit von David und mir und die herrlichen Minibusfahrten. Die Matatus, so heißen die Büsschen in Kenia und Uganda, in Nairobi sind nicht zu vergleichen mit den tansanischen Daladalas. Keiner steht, es ist Schwarzlicht an und währen man im Stau steht und man aus dem Fenster sieht, dröhnt aus einer Tip-Top-Musikanlage Raggae und Hip-Hop, den man aufgrund der riesigen Bassboxen im ganzen Körper spürt. Da will man gar nicht mehr aussteigen!
Nach Uganda folgte zum Abschluss Ruanda. Dort waren wir bei Porres, einem Cousin Grace's eingeladen, der in Kigali wohnt. Das war dann nach all den Campingplätzen wieder etwas vollkommen anderes und ließ uns für ein paar Tage aus dem Backpackertrott heraus in den afrikanischen Alltag eintauchen. Vier Familien, ein Klo, ein Wasserhan auf Hüfthöhe, alle haben einen Hausjungen – ja, die Standards sind unterschiedlich. Faszinierend war, wie gebildet und weltoffen Porres und all seine Freunde waren. Sie konnten uns so einiges über die ruandische Politik und den Befreiungshelden Paul Kagame erzählen und waren in Sachen deutscher und Weltpolitik unglaublich neugierig, was wir so sagen. Beeindruckend war auch, wie gut wir mit den Jungs über den Genozid reden konnten. Das kann aber auch daran liegen, dass sie und ihre Eltern zu jener Zeit alle im Exil in Uganda waren und dann erst Mitte oder Ende der Neunziger nach Ruanda kamen.
Ja, der Genozid. Ein Museum europäischen Standards erinnert daran und hat mich echt geschockt. Bilder von Kirchen, in denen Stunden lang, Reihe für Reihe, ein Hilfesuchender nach dem anderen, mit der Machete abgeschlachtet wird, Geschichten von Kindern, die zerstückelt oder einfach gegen eine Wand geschmissen wurden, Menschen, denen die Beine verletzt oder abgeschnitten werden, sodass man sie in Ruhe liegen und leiden lassen kann, um Tage später zurückzukommen und den Todesstoß zu geben. Schrecklich!
Und dann sieht man das heutige Ruanda. Gerade einmal sechzehn Jahre später. Hochhäuser schießen in Kigali aus dem Boden, das Straßennetz ist so ausgebaut, dass der Verkehr, verglichen mit Nairobi oder Dar ungefähr so wirkt wie der Verkehr in Geisenheim-Johannisberg verglichen mit dem Wiesbadener Kreuz. Große, beleuchtete Straßen, Palmen auf dem Mittelstreifen, Ampeln, gute Busse – alles Zeichen wirtschaftlicher Entwicklung. Der Mann hinter dieser Entwicklung ist Paul Kagame. Das ist zumindest, was David und ich erfahren haben. Polizisten und Ministerialbeamte, mit denen wir zusammenlebten, stellen ja nicht immer die objektivste Quelle in Sachen Politik dar. Und am 09.08., in nicht einmal einer Woche, wird er alle Voraussicht wiedergewählt. Überall starrte er uns durch seine Brillengläser hindurch an, auf den Straßen tanzten Leuten in seinen T-Shirts und anstatt wütend zu hupen und vorbeizurasen stimmten die Autofahrer lachend in die Wahlkampagnienparties ein und hupten munter mit. Hört man davon etwas in Deutschland? Wie ruhig und gesittet es in Ruanda vor der Wahl zugeht? Vermutlich interessiert das wieder keinen...nach den Granatenanschlägen im März oder April wurde die Militär- und Polizeipräsenz auf jeden Fall aufgestockt und seitdem geht es echt friedlich zu. Ist ja auch mal eine Meldung wert, oder?!?
Für zwei Tage fuhren David und ich dann noch an den Lake Kivu, in das Grenzstädtchen Gisenyi. Da oben ist alles sau teuer! Noch teurer war es dann in Goma, im Kongo, wo wir einen Tag lang rumspazierten. Dort wird dann auch am besten in Dollar bezahlt. Kein Wunder, wenn man sieht, wie viele UN-Soldaten dort rumhüpfen oder in den unzähligen UN-Jeeps (wer diese Autos sieht, der kann der UN Inkonsequenz im “Klimakampf” vorwerfen oder die kongolesische Straßenbaubehörde für ihre Dschungelstraßen ankreiden) rumkutschiert werden. Diese Seuchenstadt (seit dem Genozid 1994, wo alle Flüchtlinge dort hinkamen, gab es zwei Bürgerkriege, eine Choleraepidemie und einen Vulkanausbruch) ist in ihrem Gesamtbild echt hässlich und ziemlich grotesk. Neben der dreckigen Hauptstraße erstrecken sich unzählige Villen und überall werden noch mehr von diesen Palästen hochgezogen. Nette Säulen in der Fassade, schöne Dachziegel, riesiges Grundstück mit ebenso gigantischer Mauer und Stacheldrahtzaun – und um die Ecke schreit die Armut. Naja, immerhin schafft die UN Arbeitsplätze im Baugewerbe!
Nach Gisenyi/Goma kehrten wir noch für eine Nacht in Kigali bei Porres ein und machten uns dann auf einen langen Rückweg. Erster Tag: Kigali – Grenze – Kahama (hier schliefen wir für 2,50€ pro Person in einem Riesenbett, hatten ein eigenes Bad und einen Fernseher mit so viel Privatsendern, dass wir das Spiel um Platz drei der Fußball-WM nochmal sehen konnten). Zweiter Tag: Kahama – Dodoma. Dritter Tag: Dodoma – Moshi. Am Ziel! David fuhr von Kahama nach Morogoro, weiter nach Mbeya und dann nach Malawi rein und war einen Tag später am Ziel.
Ja, am Ende dieser großartigen Zeit war ich echt fertig und glücklich, wieder in Moshi zu sein. Jetzt ist noch ein Monat verblieben und dann werde ich auch schon wieder zurück in Deutschland sein. Die Vorfreude ist groß, die Lust, Moshi jetzt einfach noch einen Monat lang ganz gemütlich zu genießen aber auch.

Montag, 12. Juli 2010

Alles gut

Momentan bin ich auf Reise durch Ostafrika, weshalb meine WM-Berichterstattung leider ausfiel. Dritter, okay. Und im Nachhinein bin ich auch ganz froh, dass das Spiel um Platz drei nicht gegen Ghana war.
Jetzt melde ich mich nur kurz, um zu sagen, dass der ganze Mist, der in der vergangenen Nacht in Kampala geschehen ist, mich nicht betroffen hat. Ich bin in Jinja, an den Quellen des Nils, war gestern raften und warte gemeinsam mit David darauf, dass sein Magen wieder anstaendig arbeitet. Diesem Magen ist es zu verdanken, dass wir gestern nicht in Kampala waren. Geplant war, das Finale dort zu schauen, doch die Scheisserei verhinderte jegliche Busfahrt. Jaja, Schicksal vielen Dank :)

Freitag, 2. Juli 2010

Die Viertelfinals stehen vor der Tür. Die ganze Welt schaut auf Südafrika, das dieses Jahr von den Südamerikanern erobert wird. Faszinierend, was sich bei einer gewissen Neugier alles in Erfahrung bringen lässt. Auf meiner derzeit wohl wichtigsten Internetseite, kicker.de, konnte ich zum Beispiel in Erfahrung bringen, was die Deutschen Jungs in der Zeit von Donnerstag bis Samstag Nacht so treiben. Samstag, 23.30 Abend-Snack und Gute-Nacht-Getränk...soso...aber mich persönlich beschäftigt auch noch einiges anderes. Morgen Abend kommt endlich David aus Malawi hoch. Und am Sonntag oder Montag brechen wir dann gen Norden auf. Kenia, Uganda, Ruanda und was uns noch so in den Sinn kommt. Die Blogaktualität wird dann wohl ein wenig leiden, doch ich werde selbstverständlich mein Bestes geben, die Leser bei Laune zu halten ;)
So langsam kommt auch Abschiedsstimmung auf. Zwei Monate noch, einer davon auf Reise, drei Wochen Moshi und dann noch eine Woche Dar, von wo aus dann auch der Flieger abhebt. Und dann ist's auch schon wieder rum. Und aus meiner Wohnung in Karanga ziehe ich schon morgen aus. Anni ist auch auf Reise und kehrt nur noch für einen Tag zurück und ich werde nach der Reise zu einem Freund in der Stadtmitte, Ajay sein Name, ziehen. Freue mich darauf! Und meine Freunde aus Karanga werde ich trotzdem täglich sehen, da dort ja auch das Büro ist. À propos Büro: zur Zeit wird dort auf Hochtouren gearbeitet, da das Kaffeeprojekt nun für die nächsten drei Jahre angesetzt werden soll und deshalb alle Formalia mit den Spendern zu klären sind. Deshalb ist auch die Chefin aus Dar hergekommen und weilt nun schon seit zwei Wochen unter uns. Das sonst so angenehme Büroklima ist dadurch etwas kälter geworden, leider scheint die Arbeit aber nicht so wie gedacht voranzugehen. Eigentlich wollte Loyce nur drei der vier Tage bleiben.
Zur angespannten Lage eine kleine Geschichte: Loyce wollte für zwei Tage nach Arusha fahren und am heutigen Freitag wiederkommen. Als ich gestern verspätet ins Büro kam, war keiner da. Zehn Minuten nach mir tauchte dann aber überraschenderweise Loyce auf. Sie fragte auch gleich nach Grace und Mariki, die mit ihr an dem Projektvorschlag arbeiten. Ich sagte, dass sie in der Stadt seien, lief aus dem Büro und rief Grace an. Die fiel aus allen Wolken (sie hatte davor jeden Tag mit Loyce zusammengesessen – inklusive Wochenende – und freute sich über die Pause), rief Mariki an und stand kurz darauf auf der Matte. Später erzählte sie mir, dass sie erst dachte, ich hätte sie aus Langeweile reingelegt, damit ich nicht alleine im Büro bin.
So viel zum Büro. Irgendwann werde ich mal auch auf die Arbeitsweise der NGOs und der Spender eingehen, die mich immer wieder schockt, doch dafür werde ich einen eigenen Eintrag verfassen. Darüber könnte ich mich bücherweise auslassen...

...zurück zum Fußball. Es scheint schon wieder eine Ewigkeit her zu sein, dieses Fußballfest vom letzten Sonntag. 4:1 gegen unsere lieben Freunde aus England!!! Da stand auch das East Africa Kopf. Ein paar Englandanhänger fanden sich unter den Tansaniern, doch das Gros hielt zu Deutschland. Dazu kamen noch fünf andere Deutsche. Ach, die Stimmung war prächtig, obwohl natürlich alle irgendwelche Bestechungsvorwürfe gegenüber dem Schiri äußerten. Das legte sich aber dann auch und nach dem 4:1 war Thomas Müller der Held des Abends (über jenen großartigen Fußballer sagte eine Afrikanerin: "He looks a bit chinese. But I think, he has just an ugly face, isn't it?"). Da die anderen Deutschen alle direkt abzogen, ohne diesen denkwürdigen Sieg zu feiern, blieb ich mit ein paar Tansaniern zurück, die mich auf das ein oder andere Bier und zum Freudentanz zu afrikanischer Musik einluden. Ja, es war schön.
Nun liegen natürlich alle Hoffnungen auf dem morgigen Spiel gegen Argentinien und die Unterstützung der Tansanier scheint groß zu sein. Was kann da noch schief gehen!? Achja, Ghana sollte auch weiterkommen, sonst werden wohl morgen gar keine Fußballspiele mehr übertragen. Das, was auch deutsche Zeitungen schreiben, dass die ganze Hoffnung Afrikas auf Ghana liegt, klingt zwar übertrieben, ist aber wahr. Alle fiebern mit!

So, Gruß und bis bald!