Freitag, 25. September 2009

Der Alltag…

…holt mich langsam ein. Zwar standen in den ersten beiden Wochen mit dem Gender Festival und dem TOAM-Workshop zwei Ereignisse an, die den Arbeitsalltag sehr abwechslungsreich gestalteten, doch diese Woche war ich nicht ausser Haus und habe deshalb inzwischen so etwas wie einen Alltag, den ich all meinen treuen und ergebenen Lesern etwas genauer vorstellen moechte:
Um viertel nach acht, nach den BBC World News, brechen Anni und ich immer in Richtung Arbeit auf. Nicht nur der Gesundheit und des Geldes wegen gehen wir immer zu Fuss zur Arbeit. Nein, es ist auch einfach komfortabler als eine Dalla-Dalla-Fahrt, die meistens nur unwesentlich schneller ist. Zwischen halb und viertel vor neun trudeln wir dann bei Envirocare ein, so wie auch die meisten anderen Mitarbeiter hier. Dann wird der Laptop ausgepackt, sich ein Packen Buecher, Broschueren, Reporte oder was man eben sonst noch so lesen kann, aus dem Regal geschnappt und jedes Exemplar in eine Access-Datenbank eingespeichert. Diese Arbeit ist eher stupide, aber muss eben erledigt werden. Es gestaltet sich nur leider schwer, die Bibliothek so einzurichten, dass sie wirklich uebersichtlich und leicht zu durchschauen ist. Den Grossteil bilden irgendwelche Broschueren ohne ISBN oder Autor, die dann haeufig auch noch auf Kiswahili geschrieben sind, sodass auch eine Einordnung in ein Thema relativ schwer faellt. Aber wir geben unser bestes! Und heute habe ich gerade ein Buch in die Datenbank uebernommen, da kam Loyce (die Chefin) und hat sich total gefreut, dass ich das gefunden hab, weil sie es schon ewig gesucht hat. Es ist schoen, wenn man sieht, dass die Arbeit zumindest hin und wieder auch ihre Fruechte traegt.
Das groesste Problem an dieser Aufgabe ist, dass uns nur ein Laptop zur Verfuegung steht und deshalb immer nur eine Person arbeiten kann. Der andere kann dann die Zeit irgendwie anders verbringen. Anni macht das vorzugsweise mit Agatha Christie und ich mit Googlemail.
Nun aber weiter zum Tagesablauf: um 10:00 ist Teepause, die auch alle Mitarbeiter gerne wahrnehmen, bevor dann bis zum Mittagessen weitergearbeitet wird. Dieses wird von der gleichen Dame wie der Tee fuer gerade mal 1000 TSh so zubereitet, dass es irgendwann zwischen eins und zwei fertig ist. Anni hat mir am Tag meiner Ankunft gesagt, es gaebe immer Reis, aber immer anders gewuerzt. Ich habe eher den Eindruck, es gibt immer Reis und immer gar nicht gewuerzt, auch nicht gesalzen. Dazu gibt es immer Bohnen und hin und wieder auch Fleisch.
Mit vollem Magen wird dann bis ca. vier Uhr nachmittags weitergearbeitet. Dann treten Anni und ich den Heimweg an oder fahren mit dem Dalla Dalla einkaufen.

Ja, was kommt dann? Eigentlich wuerde ich jetzt schreiben wollen, dass ich dann kurz im Zimmer bin und dann auf den Boltzplatz gehe, wie ich es Dienstag und Mittoch gemacht habe, doch es gibt schreckliche Neuigkeiten: just an dem Abend, an dem mein Boltzplatzteam nach dem Spiel noch zusammen kam und der Trainer, von dem ich vorher nicht wusste, dass es ihn gibt, uns ueber die Saison, von der ich ebenfalls nicht wusste, dass es sie gibt, informierte, machten sich die ungewohnten Platzverhaeltnisse (Sand) an meinem rechten Fuss bemerkbar. Eine ziemlich grosse Blase haelt mich jetzt vom spielen ab. Anders als der Mainzer Neuzugang Eugen Polanski, der sich zwei Hauttransplantationen unterzog, vertraue ich fest auf meine Zehen, dass sie das ohne weitere medizinische Eingriffe ueberstehen werden (obwohl ich durch meinen Sonnenbrand, der sich grade schaelt, eigentlich genug Haut fuer das ganze Bein haette). Natuerlich bin ich dann am naechsten Tag trotzdem auf den Boltzplatz gegangen, um dem Trainer bescheid zu sagen – und um ihm 500 TSh zu geben. Im Moment sammeln wir Geld, damit wir 10000 TSh (5,50 Euro) fuer einen Ball zusammenbekommen. Ja, hier ist das Budget eben stark beschraenkt. ABER: das muss nicht so bleiben, denn am 7. Oktober beginnt die Liga, von der ich jedoch nicht weiss, wie sie organisiert ist. Ich weiss aber, dass das Gewinnerteam 500000 TSh bekommt, der zweite 300000 und der dritte auch noch ein bisschen was. Morgen ist Votreffen aller teilnehmenden Mannschaften. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich da hinfahre. Aber ich bin mir sicher, nach meiner Genesung werde ich zurueckkommen (als linker Verteidiger) und alles geben und mich voll in den Dienst der Mannschaft stellen. Uebrigens: dem besten Spieler und dem besten Torwart der Liga winken 20000 TSh. Wie das evaluiert wird? Keine Ahnung!
Bei so viel Fussball koennte man meinen, es bleibt fuer wenig andere Dinge Zeit. Dem ist aber nicht so. Letzten Sonntag, direkt nach dem ich meinen letzten Blogeintrag hochgeladen hatte, sind Anni und ich mit Musit zu ihm nach Hause. Dort haben wir dann gemeinsam mit der Familie zu Mittag gegessen. Wir wurden wirklich sehr nett aufgenommen, man hat sich unterhalten und abschliessend wurden noch lauter Fotos gemacht. Ich wollte das eigentlich erst nicht, weil ich mir dachte, dass sich die Familie dann wie eine Touristenattraktion vorkommt, aber dann hat Mustis Vater angefangen Fotos von uns mit seiner kleinen Tochter zu machen, da hab ich ihm dann einfach meine Kamera in die Hand gedrueckt. Bilder davon werde ich demnaechst, wenn ich mal im Internetcafe bin und eine schnellere Verbindung hab, hochladen.
Am Montag sind Anni und ich mit Sele und Lahma nach Bagamoyo gefahren – das erste Mal, dass wir Dar verlassen haben. Zeit hatten wir, da am Montag noch das Ende des Ramdhan gefeiert wurde und deshalb ein landesweiter Feiertag war.
Bagamoyo war zur Zeit Deutsch-Ostafrikas Hauptstadt der Kolonie, hat sich aber seit dem Ende des ersten Weltkriegs nicht mehr weiterentwickelt. Dort stehen ein paar alte deutsche Haeuser, die erste Kirche Ostafrikas und es gibt einen grossen Strand, an dem lauter Fischerboote liegen. Baden wollte ich aber nicht, da ich einen riesigen Sonnenbrand hatte und nicht riskieren wollte, diesen noch zu verschlimmern.
Am schoensten an dem Ausflug nach Bagamoyo war eigentlich die Fahrt hin und zurueck. Wir sind einfach mal uebers Land gefahren, vorbei an Palmenhainen, vertrockneten Riesenbaeumen, Lehmhuetten und vermuellten Bushaltestellen. Abgesehen von den vermuellten Bushaltestellen lauter neue Eindruecke von dieser schoenen Gegend.

Eigentlich denke ich, dass das genug Lesestoff ist, doch gilt es noch ein letztes Event zu erwaehnen. Am gestrigen Abend war ich mit Soeren, Musti und anderen wieder an der Strandbar, wo wir auch schon letzten Samstag waren. Diesmal allerdings abends. Und es war unglaublich gemuetlich. Ich glaub, ich weiss schon, wo ich auf jeden Fall nochmal am Wochenende (nicht unbedingt am kommenden) hingehen will. Da ist dann bestimmt ordentlich was los und so eine Disco unter Palmen im Sand hat schon was.

Bleibt mir noch zu sagen, dass ich mich freue, dass Dortmund mal wieder gewonnen hat, dass so viele Favoriten im DFB-Pokal rausgeflogen sind, dass am Montag mein Sprachkurs beginnt, dass die Wahl vielleicht doch noch spannend wird und dass ich fuer Sonntag auf der Gaesteliste der deutschen Botschaft stehe, um die Wahl live verfolgen zu koennen.

Bis bald!

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