Aus verschiedenen Gründen habe ich in den letzten Tage kein Spiel mehr über die volle Zeit gesehen, doch natürlich bin ich immer noch voll auf der Höhe. Während ich mit einigen Freunden deren Abschied in Arusha im Kino war, ging Südafrika 0:3 gegen den zweifachen Weltmeister Uruguay unter. Die Chancen aufs Weiterkommen und die Hoffnungen des gesamten Afrikas auf ein Fußballwunder sind jetzt nur noch minimal. Für das Fußballwunder des Heiligen Ottmars, dem ich als Dortmundfan auf Ewigkeit für Dank verpflichtet bin, konnten sich fast keiner begeistern. Immerhin sind die spanischen Stars allen bekannt und hier auch durchaus beliebt. Die Enttäuschung war dementsprechend groß. Meine Freude vielleicht noch ein bisschen größer. Noch mehr hätte ich natürlich über das „Wunder von Takeshi's Castle“ gefreut. Ich weiß, die Sendung ist japanisch, doch beim Bau des roten Abwehrbollwerks der Nordkoreaner musste ich sofort an diesen Mist denken. Leider hat es dann ja nicht geklappt. Wieder waren die Tansanier auf der Seite der Favoriten, was ich sehr enttäuschend fand. Die letztmals erwähnte Soidarität unter den afrikanischen Fußballmannschaften ist definitiv keine Solidarität unter Fußballzwergen. Dass ich nach dem Anschlusstreffer aufsprang und mehrmals rief, dass noch alles möglich ist, hatte ich mich nicht nur ein bisschen lächerlich gemacht, sondern scheinbar auch wieder bei einigen Leuten im Kopf eingeprägt.
Als ich gestern die enttäuschende Niederlage der Nigerianer gegen die von Rehakles trainierten Griechen im überfüllten East Africa ansah, wurde ich gefragt, ob ich nicht der Typ sei, der für die Chinesen war. Ja, alle Ostasiaten werden gemeinhin als „Mchina“, Chinese, bezeichnet. Während des Brasilienspiels wurde sich auch prächtig unterhalten. Man lästerte über Christina Ronaldo, wie sie immer durch die Gegend fliegt und als ein Brasilienfan nach dem eins zu null sagte, dass die Brasilianer ja echt nicht so schlecht seien, antwortete ein anderer: „Ey, die führen eins zu null gegen eine Mannschaft, deren Spieler nicht einmal sehen könnten.“ Nein, damit möchte ich die Tansanier nicht schlecht darstellen. Ganz im Gegenteil: im East Africa herrscht immer großartige Fußballstimmung und alle sind am klatschen, jubeln, pöbeln, Schiri und Spieler beschimpfen und scherzen. So habe ich die Tansanier zuvor noch nicht erlebt. Auch hier liegt das wohl primär daran, dass ich inzwischen einfach ausreichend verstehe, um auch bei Witzen lachen zu können. Von Tag zu Tag habe ich mehr Spaß in der Bar. Langsam kristallisiert sich eine Stammgemeinschaft von fünfzehn, zwanzig Leuten heraus und als einzige Weiße stechen Anni, Aidan (der uns momentan besucht) und ich natürlich heraus.
Zurück zum Spiel der Nigerianer: leider hatte ich die erste Halbzeit und somit wohl auch die größten Emotionen verpasst. Eins zu null Nigeria, rote Karte für Nigeria, eins zu eins. Als der einzigartige Chancentod Theofanis Gekas dann in der Mitte der zweiten Halbzeit eine weitere Riesenchance vergab und im Gegenzug die nigerianische Führung durch eine Großtat des griechischen Hintermanns und die Unfähigkeit Chinedu Obasis verhindert wurde, stand die Bar Kopf. Der nigerianische Konter ließ alle aufspringen, Tische wurden gerammt, Stühle fielen, literweise Bier wurde verschüttet und im Nachhinein war die Enttäuschung natürlich groß...besonders als die Herren vom Pelepones in Führung gingen und die Nigerianer sich ihrer Einfallslosigkeit nicht entledigen konnten, wurde immer mehr geschimpft. Das war ein bisschen wie wenn eine F-Jugend-Mannschaft in Deutschland Fußball schaut und ihr Team verleirt. Dann wird irgendwann auf Frust umgeschaltet und die eigenen Spieler werden beschimpft. Diese Beschimpferei führte schließlich auch zur heutigen Überschrift, als ein nigerianischer Rasta zu Boden ging und einige Leute bloß „Ach...ein Rasta...“ von sich gaben.
Schon beim Spiel der Elfenbeinküste war ich ganz erstaunt von den unterschiedlichen Haarprachten. Kurze und lange Rastas, geflochtene Zöpfe, Irokesenschnitte und was nicht noch alles. Was müssen sich die Tansanier da denken? Wenn ich im East Africa bin, kann ich zwischen den Männern unterscheiden, die eine Kappe auf der Glatze haben und denen, die eben keinen Kappe tragen. Der ein oder andere lässt sich einen Kevin-Kuranyi-Bart lassen und manche versuchen, einen Schnauzer anzudeuten. Die Vielfalt an haartechnischen Highlights ist aber sehr, sehr überschaubar.
In Moshi gibt es viele junge Männer, die sich Dreadlocks machen. Leider ist der Großteil von ihnen ungefähr so sehr Rasta wie Guido Westerwelle. Es handelt sich um knallharte Abzocker (das bezieht sich natürlich nucht mehr auf unseren Guido), die einem von Gras und Kokain über Kilibesteigungen und Safaris bishin zu jedem erdenklichen Souvenir einfach alles verkaufen wollen. In erster Linie handelt es sich um Souvenirs und das kann dann schon gut passieren, dass man eine Viertelstunde von einem bekifften und besoffenen Rasta durch due Stadt begleitet wird, während er verzweifelt versucht, Ware an den Mann zu bringen. Irgendwann wird dann die Mitleidsnummer ausgepackt, die Preise gehen ein bisschen runter und es wird gesagt, dass man ja auch was zu Essen braucht. In den meisten Fällen stimmt das wohl auch, doch meistens verweigere ich mich dennoch, denn ich sehe keinen Anlass, einen jungen Mann, der mittags schon vollkommen zugedröhnt ist, in irgendeiner Weise mit meinem Geld zu unterstützen. Ihm zu helfen, dafür sehe ich Anlass. Das liegt aber nicht mehr ganz in meinem Kompetenzbereich, sodass mir wenn überhaupt die finanzielle Hilfe bleibt.
Noch etwas zum Haar: es gibt auch einen Stadt bekannten Transvestiten. Dieser flächtet sich die Zöpfe bis zum Hintern. Er ist der einzige Mann, den ich hier mit der Flechterei im Haar gesehen habe. Bei den Mädchen und Frauen sind die verschiedensten Frisuren möglich, die meisten werden mit Kunsthaar gemacht, doch wie schon gesagt, als Mann lässt man sich einfach regelmäßig seine Glatze schneiden.
So, heute spielt Deutschland und ich habe gehört, es gibt eine neue 'Schland-Version. Die werde ich mir nach Möglichkeit zur Einstimmung anhören und dann mit einigen Deutschen ins East Africa bringen. Ich freue mich und hoffe, dass zumindest Ghana und die Elfenbeinküste die nächste Runde erreichen.
Bis bald!
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Hallo Hannes,
AntwortenLöschenDanke für den WM-Lagebericht vom Kilimandscharo. Er war mindestens so interessant wie der heutige FR-Artikel üpber die Fan-Meile in Durban. Freu mich schon auf die nächste Geschichte.
Mindestens so schlecht wie Afrika ergeht es der EU. Deutschland verloren, Frankreich und England vor dem Ausscheiden. Spanien auch nicht überzeugend. Nur die Schweiz ... gehört nicht zur EU. Holland, na ja, zählt irgendwie nicht so recht. Italien, wie haben die gespielt? Also, weiterhin gute Unterhaltung und Grüße an das Barteam.
Liebe Grüße
F.L.
Viele Grüße
Oh Hannes,
AntwortenLöschenich verstehe sowas von gar nichts von Deiner Fußball-Berichterstattung! Das ist wohl männerfußballklingonisch. Als einfache Frau kann ich da nur staunen.
Sei herzlich gegrüßt von
Deiner
Mama