Sonntag, 29. November 2009
Advent, Advent
Nach unserem Wochenendabenteuer letzte Woche kehrte Grace gleichzeitig mit uns ins Büro zurück und wir setzten uns zusammen, um ein wenig über die Arbeit und unsere Perspektiven zu reden. Jetzt obliegt es uns erst einmal, die 3000 Registrierungsbögen, die wir vor zwei Wochen austeilten, in den Computer zu überführen. Danach folgen eine Menge “Trainings”, an denen wir, wenn wir denn Lust haben, mehr oder weniger aktiv teilnehmen können. Da alles in Kiswahili sein wird, wird es wohl weniger aktiv sein. Aber das sehen wir dann. Zitat Grace: “Make yourselves feel happy!”
Nun denn, am Mittwoch waren dann auch ide ersten Fragebögen im Büro eingetrudelt und Anni und ich begannen mit dem einsortieren. Leider ist mir der PC aus unerfindlichen Gründen nach mehreren Stunden Arbeit abgestürzt und ich hatte nicht gesichert. Nichtsdestotrotz waren Anni und ich mit der ersten Ladung am Donnerstag mittags fertig. Anstatt 272 Fragebögen hatte die Kooperative nur gut 70 Bögen zurückgebracht. Aber immerhin gaben sie uns die Bögen wieder. Von den anderen zehn Kooperativen ist bis jetzt nichts gekommen. Grace hatte zwar immer mit bestimmten Vertrauenspersonen den Abgabetermin und auch den Transport der Bögen besprichen, aber es kam noch nichts. Da Grace derzeit wieder in Dar weilt (sie wurde von der Chefin dorthin zitiert), ist es auch nicht möglich, ein wenig Druck zu machen.
Neben dem bisschen Arbeit ist ein gemeinsames Essen mit Grace sehr erwähnenswert gewesen. Bei ihrem Schwager im besten Hotel Moshis (allerdings im wohl weniger ansehnlichen Nebengebäude) gab es jede Menge Tusker zu trinken und einen guten, hausgemachten Burger zu essen. War ein wirklich schöner Abend.
Samstag Abend gingen Anni und ich mal in eine der zahlreichen Kneipen bei uns direkt um die Ecke. Nach dem Essen kamen dann auch zwei Herren, die leichy alkoholisiert wirkten und sich um uns gestritten haben. Der eine wollte mit uns beiden reden und schickte den anderen immer weg, während der andere fand, es wäre fair, jeder “bekäme” einen Weißen zum reden. Nachdem letzterer mich ein wenig zugelallt hatte und erfolglos versucht hatte mich zu einer Runde Mbege (Bananengebräu) zu überreden und der andere sich immer mehr an Anni rangeschmissen und sie bereits für die Nacht zu sich nach Hause eingeladen hatte, sind wir dann heim gegangen. Wir mussten auch früh ins Bett, da wir am Sonntag morgens um sieben in der Kirche sitzen wollten.
Dieses Vorhaben ist uns dann auch geglückt. Mein erster Kirchenbesuch in Tanzania! Es war ein relativ normaler Gottesdienst, nichts mit Gospel oder so und bei mir regten sich erstmals adventliche Gefühle, als die Kiswahiliversion von “Macht hoch die Tür” gesungen wurde.
Insgesamt verspüre ich genauso viel Weihnachtsbegeisterung wie sonst im Frühling oder im Sommer. Die Sonne scheint (meistens), Vögel zwitschern, es ist brütend heiß und auch die wenigen Plastikchristbäume im ein oder anderen Geschäft sind nicht in der Lage, europäischen Adventsflair hervorzuzaubern. Naja, das ist auch mal eine Erfahrung.
Eine weitere spannende Erfahrung steht kurz bevor: am Mittwoch werden Anni und ich mit ihrem Vater für zehn Tage auf Safari fahren. Bin dann also erst einmal weg und der Blog wird still stehen. Danach wird es aber vermutlich eine Menge Bilder geben :) À propos bilder: in Kiswahili: picha.
Montag, 23. November 2009
Kurzurlaub...
Ich war daraufhin entschlossen, auch mal ein bisschen Urlaub zu machen und dem alltäglichen Gegammel in Moshi (essen, Internetcafé, lesen) ein wenig z entfliehen. Ziel waren die Usambara-Bergen, da ich Kontakt zu einem anderen Freiwilligen habe, der dort tätig ist.
Am Samstag brachen Anni und ich jedoch viel zu spät auf und nachdem wir dann um halb zwölf ein Ticket zum überteuerten Preis gekauf und uns in den Bus gesetzt hatten, warteten wir noch weitere zwei Stunden, bis dieses Gefährt den Busbahnhof Moshis verließ und sich in Richtung Mombo in Bewegung setzte. Es wird erst losgefahren, wenn der Bus voll ist! Die Fahrt machte wenig Spaß, da der Bus gleich einem Daladala jeden aufsammelte, der ihm zuwinkte, nur waren wir nicht wie im Daladala ein paar Minuten unterwegs, sondern fuhren stolze viereinhalb Stunden. Mit dem Sonnenuntergang erreichten wir Mombo, den Ort, von wo aus wir mit dem Daladala zu Jan nach Mlalo fahren wollten. Es stellte sich aber heraus, dass das letzte Dala bereits eine Stunde vor unserer Ankunft abfuhr und so kam es, dass der junge Mann, der uns erst erzählte, Dalas in dies Richtung kämen jetzt nicht und wir sollten erst einmal in einem Restaurant essen gehen (damit er dafür vom Restaurant entlohnt wird), uns direkt nach unserer Ankunft (wir lehnten das Restaurant ab und – oh Wunder! - ein Dala tauchte auf) ein Ticket für ein Dala nach Lushoto verkaufte – zum doppelten Preis. Eigentlich wollte ich wieder aussteigen, aber da fuhr die Kiste schon. Nach der anstrengenden Fahrt war ich mit den Nerven nun endgültig am Ende und ziemlich sauer, aber so läuft es eben manchmal. In Lushoto quartierten Anni und ich uns dann gemütlich ein und hatten ein unglaublich gutes Gespräch mit einem jungen Tansanier, der grade Deutsch lernte und unglaublich lustig war. Außerdem lud er uns in eine Schule für Authisten und geistig behinderrte Kinder ein, wo er arbeitet.
Am Sonntag wanderten Anni und ich an dieser Schule vorbei zum Irente View Point, wo die Usambara-Berge jäh in die Masaai-Steppe abbrechen. Ein sehr beeindruckender Ausblick und eine Wanderung, die mal wieder durch eine völlig neue Welt führte. Grüne Wiesen, viele Blumen, Laub- und Nadelwälder, Moore...leider blieb uns nur dieser eine ganze Tag, da wir einfach zu wenig Geld dabei hatten. So kam es, dass wir Montag morgens wieder nach Moshi fuhren, leider, ohne die Schule besucht zu haben und vor allem leider ohne bis nach Mlalo gekommen zu sein. Aber auch hierfür hätte unser Bargeld nicht gereicht. Ich denke aber ziemlich sicher, dass ich nicht das letzte Mal in dieser wunderschönen Gegend war und nächstes Mal werde ich meinen Aufenthalt besser planen – hoffentlich. Achja, die Rückfahrt verlief problemlos, was durchaus erwähnenswert ist.
Kwa heri na ziangalie picha! (man untersuche das letzte Wort auf Ähnlichkeit mit einem englischen Wort – Aussprache, nicht Schreibweise – und weiß, was dann zu tun ist)
Donnerstag, 19. November 2009
In den Tag hineinleben...
Freitag praeparierten Francis und Dorice (die uebrigens beide sehr gewissenhafte und auf Effizienz bedachte Mitarbeiter/Vorgesetzte waren) ein kleines Festmahl: Francis hatte mittags in einer der Kooperativen ein lebendiges Huhn gekauft, was er den Rest des Tages im Fussraum des Pick-Ups gefesselt liegen liess und dann abends, als es sichtlich erschoepft war, von unserem Masaai schlachten liess. Nach dem Hund, den unser Fahrer mit lockeren achtzig bis hundert Km/h kurz zuvor ganz laessig ueberfahren hatte (der Hund stand auf einer langen Gerade mitten auf der Strasse und der Fahrer rechnete einfach damit, dass das Tier schon noch abhauen wuerde und hielt sein Tempo), war das das zweite Tier, was an diesem Tag auf unser Gewissen ging. Lecker war's.
Der Arbeitswoche folgte ein Entspannungswochenende ohne grosse Aktivitaeten, dafuer mit viel lesen, essen (Anni buk einen gedeckten Bananenkuchen) und schlafen.
Dienstag trafen wir uns mit zwei jungen Herren, die Freiwillige in den Parebergen sind. Wie ich ihnen versprochen habe, erwaehne ich sie hier: Christian aus Schwanheim bei Frankfurt und Jo aus Berlin (eignetlich aus Spandau...). Die beiden kamen von einem mehrtaegigen Bordellaufenthalt in Nairobi zurueck. Ja, das passiert, wenn man keinen Reisefuehrer hat und ins erstbeste Guesthouse geht. Am letzten Tag ihres Urlaubs, der dadurch bedingt war, dass Jo sich vor ein paar Wochen beim Holzhacken eine Sehne durchschnitt und den Daumen zwei Wochen und einen "Arztbeusch" spaeter immer noch nicht bewegen konnte, zeigte jemand den Jungs die Stadt und erklaerte ihnen, sie haetten sich in einem Freudenhaus eingemietet, wo man eigentlich ein paar Stunden mit einer Frau und nicht mehrere Tage verbringt. Naja, ich glaube, sie hatten Spass und auch ich hatte ihn, als ich diese Geschichte hoerte. Ausserdem wurde der Daumen operiert.
Weiter geht's: Mittwoch Abend waren wir zu einer Party eingeladen. Anni hatte von irgendeinem Maedchen eine SMS bekommen, die uns als Einladung diente. Es stellte sich heraus, dass die Party auf dem Aerzte-, Pfleger- und Freiwilligenwohnareal des KCMC (Kilimanjaro Christian Medical Centre) stieg und dort viele Freiwillige des KCMC feierten. Kanadier, Schweden, Norweger und vor allem Deutsche. War ein lustiger Abend und es war schoen, mal "privat" zu feiern, ganz ohne sich aufdraengende Taxifahrer, Prostituierte oder andere Dienstleister. Schade war, dass wirklich kein einziger Tansanier anwesend war...
Nun bin ich auch schon beim heutigen Tag angekommen: Anni und ich fuhren morgens in die Stadt, um uns die allwoechentliche Kaffeeauktion anzusehen. Hier wird der gesamte Kaffee aus Tanzania verhoekert. Klingt sehr spektakulaer, aber es ging ziemlich ruhig zu in dem sehr modernen Auktionsraum. Alles lief elektronisch ab, jeder sass in einem bequemen Ledersessel und es gab extrem starken Kaffee zu trinken. Nach eineinhalb Stunden haben wir die Veranstaltung dann wieder verlassen - es war noch lange nicht die Haelfte versteigert. Jetzt will ich mich ein wenig in Sachen tansanischer Kaffeeexport fortbilden.
Tutaonana!
Donnerstag, 12. November 2009
Arbeit oder Nichtarbeit
So, das Projekt kann als gestartet gelten. Ich denke, es ist an der Zeit, genauer zu beschreiben, wie der Plan aussieht: anders als von mir angenommen, bauen wir keine Kooperatvie von Kaffeebauern in der Kilimanjaroregion auf. Diese Kooperative existiert bereits und wird in Form einer Organisation namens G 32 koordiniert. Diese große Kooperative setzt sich aus 32 Untereinheiten zusammen. Das Ziel von Envirocare ist es nun, Qualität und Quantität des Kaffees von hier zu erhöhen und in Kombination damit mehr Profit für die Bauern rauszuschlagen. Unter Erhöhung der Qualität wird vor allem verstanden, dass der Anbau des Kaffees umweltverträglich stattfindet.
Die Vorgehensweise ist wie folgt: bis April sollen wir elf der zweiunddreißig lokalen Untereinheiten genauer unter die Lupe nehmen. Das bedeutet im Klartext, aus jeder Kooperatvie werden 272 oder 273 Bauern registriert, sodass wir am Ende 3000 Bauern registriert haben. In der Registrierung wird festgehalten, wie viel Kaffee die Bauern anbauen, welche Dünger sie verwenden, was sie sonst noch anbauen und auch, wie sich das familiäre Umfeld gestaltet. Das meint, was arbeitet die Frau, hat man Kinder, irgednwelche Nebeneinkünfte neben dem Bauernhof, etc. Das familiäre Umfeld wurde, glaube ich, relativ unzusammenhängend in den Kontext eingeführt, da der Spender des Projekts die Anforderung stellte, dass auch etwas zur Entwicklung von Frauenrechten und für Frauen als Unternehmer getan wird.
Für die Registrierung fahren wir in die Untereinheiten in den tiefen Dschungel am Kilimanjaro und machen mit neun Farmern einer jeden Einheit ein „Needs Assessement“ (in dem die Bauern angeben, was sie eben beim Kaffeeanbau so benötigen, was sie sich erwarten, etc.) und lassen sie dann eben noch das Registrierungsformular ausfüllen. Für die anderen ca. 260 Bauern einer jeden Einheit organisiert dann der Manager die Registrierung und lässt uns dann die Formulare zukommen, sodass wir alles digitalisieren. Mal schauen, wie lange das noch dauert. Neben den neun Needs Assessements wird noch mit dem Sekretär und dem Manager einer jeden Einheit ein Fragebogen über deren Wissensstand bezüglich Kaffeeanbau ausgefüllt. In diesem geben die beiden an, in welchen Bereichen (z.B biologischer Kaffeeanbau, Erosion, Administation u.v.m.) welcher Wissensstand vorliegt. Ziel ist es, durch zahlreiche Workshops die Mitglieder der Kooperative fortzubilden. Deshalb auch die Fragebögen an Sekretär und Manager jeder Einheit, da diese Anfang Dezember auf einen Workshop nach Kenya fahren und das ja gut vorbereitet sein will.
Ich muss sagen, diese Einheiten scheinen mir durchaus sehr gut organisiert zu sein. Man könnte ja meinen (und das Vorurteil hatte ich auch), dass diese Herren – und auch Damen ! –bloß irgendeiner Einheit zugeteilt wurden und sonst nichts miteinander am Hut haben. Dem ist aber gar nicht so und bis jetzt habe ich den Eindruck, dass hier wirklich gut zusammengearbeitet wird. Eine Gruppe hat uns ihre eigene Kaffeeverarbeitungsanlage gezeigt. Bei einer anderen Gruppe waren wir viel zu spät und alle waren schon weg, doch dann kamen wir und innerhalb von fünfzehn Minuten kamen zwanzig Leute. Woher, weiß ich nicht, da wir wirklich im Busch waren und ich den Eindruck hatte, von einem Haus zum nächsten müsse man Kilometer weit laufen. Das Handz machts|s möglich...
Warum schreibe ich nun in die Überschrift „Arbeit oder Nichtarbeit“?
Dienstag, Donnerstag und hoffentlich auch heute waren/werden wirklich anstrengende Tage, an denen wir mehr als zehn Stunden unterwegs waren (fuer heute gilt, wir warten noch auf unseren Fuehrer, der mit uns in die Einheiten faehrt, aber der wird wohl bald kommen). Montag und Mittwoch aber eben nicht. Am Montag war Grace erstmals im Büro und noch dazu Francis und Doris, zwei Praktikanten aus Dar. Unser Team besteht also aus Grace, zwei Freiwilligen, die dich Sprache nur sehr rudimentär beherrschen und dann noch zwei Praktikanten. Wir stellten dann erst einmal fest, dass wir auf jeden Fall mindestens ein Auto brauchen. Und wundersamerweise funktionerte der Toyota Pick-Up aus der Garage sogar noch, obwohl er schon ewig nicht mehr benutzt wurde. Blöderweise ist das Auto aber erstens nicht versichert und hat zweitens keine Lizenz für die Straße- Diese Lizenz gilt es, jährlich zu erwerben und das wurde seit drei Jahren nicht mehr gemacht, sodass inzwischen eine gehörige Summe nachzuzahlen ist. Das Problem ist nun provisorisch gelöst, indem wir einen Fahrer angestellt haben, der für ein bisschen Geld die ganze Verantwortung übernimmt. Aber da er aus Moshi kommt und alle Polizisten kennt, braucht er sich zumindest hier in der Stadt keine Sorgen zu machen, angehalten zu werden. Dass wir einen Fahrer haben ist aber eigentlich etwas unverzichtbares. Dieser Herr ist, da bin ich fest überzeugt, der beste Autofahrer, bei dem ich je mitgefahren bin: Handbremse kaputt, schlammige Straßen, regelmäßig (geschätzt) mehr als 25% Steigung und trotzdem ist Verlass darauf, dass wir ankommen.
Neben den zahlreichen Bekanntschaften, die man hier mit den Bauern macht, ist die Autofahrt stets ein Highlight. Ich nehme immer auf der Ladefläche des Pick-Ups Platz, von wo aus ich einen traumhaften Blick über die Hänge des Kilimanjaro und in die weite Ebene unter Moshi habe. Die Natur hier ist jeden Tag von neuem eine große Freude für mich.
Nächste Woche wird dann wieder mehr oder weniger arbeitsfrei sein, weil Francis und Doris bereits am Sonntag wieder nach Dar zurückkehren und Grace bis Donnerstag daheim in Uganda ist. Außerdem warten wir noch bis 25. November auf die ganzen Registrierungsformulare und erst dann wird in Excel losgetippt.
Tutaonana baadaye!
Sonntag, 8. November 2009
Zwangsurlaub
Eine Woche ist um und kein Tag verging, ohne dass ich mich im Zentrum Moshis umhergetrieben habe. Zeit war dafür genung, da Grace ihre Ankunft von Dienstag Abend auf Sonntag (08.11.) verschoben hat, sodass das Projekt erst am Montag starten wird. Zum Einleben war das nicht schlecht, doch freue ich mich schon darauf, bald mal etwas aktiver zu werden.
Es war eigentlich wie im Urlaub hier. Lesen, bummeln, viel schlafen, gemütlich kochen, täglich Sport machen – sehr gemütlich. Schon nach einer Woche kenne ich einen ganzen Haufen Souvenirhändler und Safarianbieter, die mich täglich auf der Straße ansprechen und denen ich jedesmal sage, dass ich noch zehn Monate hier bin und momentan an keinem ihrer Produkte Interesse habe.
Allerdings bin ich mir relativ sicher, dass das zwar für eine Woche eine schöne Sache ist, ob mich das aber noch zehn Monate zufrieden stellen kann, wage ich zu bezweifeln. Irgendetwas herausragendes zu berichten? Ja: Am Dienstag habe ich erstmals beim Rugbytraining der International School mitgemacht und es hat mir unglaublich Spaß gemacht. Dort wird neben den Schulteam auch eine Mannschaft des Waisenhauses trainiert. Zum Abschluss haben wir dann gegen die Waisen gespielt. Eigentlich sollte am Samstag ein Rugby-7s-Turnier in Arusha mit unserer Beteiligung stattfinden, doch scheinbar sind auch die Planungen der International School eher unzuverlässig und die Sache wurde am Freitag abgeblasen. Das hat mich dann irgendwie frustriert. Wenn ich etwas nicht selber plane, darf ich mich nicht drauf freuen, weil ich mir einfach nicht sicher sein kann, ob es überhaupt stattfindet – egal, wer das organisiert. Um mich auf andere Gedanken zu bringen, sind Anni und ich dann in den „Club La Liga“ gegangen. Um halb elf war dort zwar noch nichts los, doch ein paar Stunden später, als wir den Club verließen und uns in die Fänge einer Meute von Taxifahrern begaben, war der Laden angenehm voll. Die Musik war bescheiden (Sean Paul und Rihanna), aber irgendwie war es doch ganz nett. 200 Mililiter Konyagi (tansanischer Schnaps) für knapp eineurofünfzig, schöne Räumlichkeit (DJ saß in einem VW T1) und gute Atmosphäre (paar Freiwillige und Touristen, viele Einheimische, keine Prostituierten). War schön.
Entsprechend müde war ich dann am Samstag, was aber nicht verhinderte, dass dies wohl mein bislang schönster Tag in Moshi waren. Anni hatte uns ein kleines Ausflugsziel ausgesucht und nach einer guten halben Stunde Daladalafahrt, die Hänge des Kilimanjaro hoch, sind wir irgendwi zwischen Bananenplantagen mitten im Busch ausgestiegen. Ein Mitfahrer im Daladala kannte unser Ausflugsziel und verdonnerte ein paar Mädchen, die dort ohnehin hingingen, uns mitzunehmen und uns den Wg zu zeigen. Nach weiteren zwanzig Minuten zu Fuß durch Urwald ähnliche Gefilde tat sich vor uns auf einer Lichtung auf einem Plateau plötzlich die große katholische Kirche von Kiboshu auf. Es war wirklich sehr beeindruckend ein solches Bauwer an diesem Fleckchen Erde zu sehen. Obwohl es wahrscheinlich schon mehrere hundert Jahre alt ist, ist es vermutlich das stabilste Gebäude im Umkreis von zig Kilometern.
Auf unserem Wg dorthin habe ich mich gewundert, dass es hier scheinbar überall irgendwelche kleinen Behausungen gibt. Nie sind wir alleine in den Wäldern unterwegs gewesen und ständig kamen neue kleine Ortschaften entlang der Piste, die das Daladala gefahren ist. Wenn man dann denkt, wirklich am Ende der Welt angekommen zu sein, kommt plötzlich ein Markt, auf dem sich eine ganze Menge Leute tummeln. So geht es immer weiter... „du bist nicht allein...“
Von dem wunderbaren Ausflug am Samstag motiviert, haben wir uns Sonntag morgens um kurz nach sechs mit dem Daladala in Richtung Machame aufgemacht. Von diesem Ort aus laesst sich der Kilimanjaro besteigen, was wir jedoch auf einen anderen Tag verschieben. Wir sind dann bis zum Eingang des Nationalparks gewandert/spaziert, haben die ganze Zeit die Bananenplantagen im Vorder- und den Kili im Hintergrund bewundert und uns von der Sonne braten lassen. Auf dem Rueckweg hat sich uns dann ein netter Herr, William, unserer angenommen. Uebeerraschenderweise wollte er uns weder eine Wanderung zu irgendeinem Wasserfall, noch eine Safari oder eine Kilibesteigung andrehen. Er hat einfach mit uns geredet (englisch) und immer wieder betont, dass auch er das macht, weil er durch den Dialog mit anderen immer lernen kann. Egal woher man kommt und egal wie alt man ist, man kann immer von anderen lernen. William war wirklich sehr nett und hat uns dann auch zu sich nach Hause auf seinen kleinen Bauernhof mitgenommen, der ohnehin direkt an der Strasse lag, die wir langliefen. Auf seinem bescheidenen, schoenen gut baute er Kaffee, Bananen und ein bisschen Gemuese an und er hatte sogar zwei Kuehe und ein paar Huehner. Wenn die Bauern, mit denen ich waehrend des Projekts in Kontakt komme, aehnlich interessant wie William sind, dann freue ich mich schon auf spannende zehn Monate. Eine weitere interessante Erfahrung war das Ausprobieren von Mbege. Das ist ein leicht alkoholisches Getraenk aus Weizen und Bananen gebraut, das uns Williams Frau servierte. Das Glas blieb quasi voll stehen, da mich der Geschmack nicht wirklich ueberzeugte. Abschliessend hat dieser nette Bauer uns in seine Gemeinde eingeladen, in der Deutsche wohl immer mit offenen Armen empfangen werden. Grund dafuer ist, dass man wohl einen engen Kontakt zu einer Partnergemeinde nach Deutschland pflegt. Da werde ich jetzt mal im Internet recherchieren.
Bis bald!
Montag, 2. November 2009
Moshi...
Es geht mir also gut. Anders als geplant, hat uns Grace doch nicht im Bus begleitet. Sie kommt Mitte bis Ende der Woche und dann soll unser Projekt starten. Bis dahin haben Anni und ich noch Zeit die Stadt zu erkunden. Wir wohnen zwar einige Kilometer vom Stadtkern entfernt, brauchen zur Dalladallastation aber nur eine Minute und von da aus sind es dann unr fünf bis zehn Minuten in die Innenstadt. Eine wunderbare Wohnsituation also. Auch unsere Unterkunft lässt wenig Wünsche offen. Beide haben wir ein Zimmer, dazu ein Wohnzimmer und eine Küche, die von unserem Vorgänger schon ganz gut ausgestattet wurde. Die Tatsache, dass auf der anderen Straßenseite das Gefängnis ist, könnte den ein oder anderen in Sorgen versetzen, aber keine Angst! Die Herren dort kann ich täglich beim bestellen ihrer Gemüsebeete beobachten. Sie scheinen ganz nett zu sein und bleiben in ihrem Gehege, obwohl ich noch keinen Wachmann gesehen habe und es keine Mauern gibt. Okay, das hat jetzt nicht dazu beigetragen, Sorgen zu verringern, aber was soll's!? Die Atmosphäre hier in der Nachbarschaft ist unglaublich entspannt und für den Fall der Fälle: die Aufgabe, die in Dar noch die beiden Nachbarhunde nachts erfüllt haben, erfüllt bei uns ein Masaai. Das hat den Vorteil, dass er uns sofort wiedererkennt und er uns auch noch die Tür öffnen kann. Außerdem fängt er nicht nachts um drei an, mit den anderen Hunden im Viertel rumzuheulen (zumindest hat er es bis jetzt noch nicht gemacht).
An unseren ersten beiden Tagen haben wir die Stadt zu Fuß schon in weiten Teilen erkundigt. Erwähnenswert ist auch, dass wir an der International School Moshi mit weit offenen Armen zu den verschiedenen Sportaktivitäten empfangen wurden: Rugby, Fußball und ein Kraftraum warten hier auf mich, wenn denn Zeit da ist. Es ist ein wenig schade, dass ich für Sportarten wie Fußball oder Rugby eine solch elitäre Einrichtung aufsuchen muss. Jedoch scheint das generelle Interesse an halbwegs zweckmäßigen Sportuntergründen sehr gering zu sein und deshalb lässt sich beispielsweise Rugby, wofür man lediglich einen Acker braucht, nirgendwo anders spielen. Dass ein Platz von den Leuten gehegt und gepflegt wird, habe ich noch nicht gesehen. Auch gibt es keine wirklich großen organisierten Ligen. Der Sportkoordinator der International School meinte, die einzigen nationalen Wettbewerbe in irgendwelchen Sportarten fänden auf den Arealen der International Schools in Moshi, Arusha und Dar statt. Ich glaube, abgesehen von der Fußballliga stimmt das auch.
Nach meiner Fahrt von Dar nach Moshi kann ich aber auch verstehen, dass es kaum nationale Ligen geben, die erfordern, dass alle ein bis zwei Wochen die Fahrt in eine andere Stadt ansteht. Auf der Strecke, die wir zurücklegten durchquerten wir zwar traumhafte Landschaften, aber auf den mehr als fünfhundert Kilometern fuhren wir durch ein, zwei größere Häuseransammlungen, die als Kleinstädte durchgehen, ansonsten noch durch ein paar Dörfer. Und die Straßenverhältnisse tun ihr übriges, dass die Fahrt von einer Stadt in die nächste ein Tagesausflug wird. Da es hier aber gar keinen Profisport gibt, kann sich vermutlich niemand leisten, das ganze Wochenende für den Sport zu opfern. Verständlich. Nun ja, das zum tansanischen Sportwesen.
Bis bald mal wieder, dann mit Neuigkeiten vom Projekt!
Fotos auschecken :)