Sonntag, 8. November 2009

Zwangsurlaub

Eine Woche ist um und kein Tag verging, ohne dass ich mich im Zentrum Moshis umhergetrieben habe. Zeit war dafür genung, da Grace ihre Ankunft von Dienstag Abend auf Sonntag (08.11.) verschoben hat, sodass das Projekt erst am Montag starten wird. Zum Einleben war das nicht schlecht, doch freue ich mich schon darauf, bald mal etwas aktiver zu werden.

Es war eigentlich wie im Urlaub hier. Lesen, bummeln, viel schlafen, gemütlich kochen, täglich Sport machen – sehr gemütlich. Schon nach einer Woche kenne ich einen ganzen Haufen Souvenirhändler und Safarianbieter, die mich täglich auf der Straße ansprechen und denen ich jedesmal sage, dass ich noch zehn Monate hier bin und momentan an keinem ihrer Produkte Interesse habe.

Allerdings bin ich mir relativ sicher, dass das zwar für eine Woche eine schöne Sache ist, ob mich das aber noch zehn Monate zufrieden stellen kann, wage ich zu bezweifeln. Irgendetwas herausragendes zu berichten? Ja: Am Dienstag habe ich erstmals beim Rugbytraining der International School mitgemacht und es hat mir unglaublich Spaß gemacht. Dort wird neben den Schulteam auch eine Mannschaft des Waisenhauses trainiert. Zum Abschluss haben wir dann gegen die Waisen gespielt. Eigentlich sollte am Samstag ein Rugby-7s-Turnier in Arusha mit unserer Beteiligung stattfinden, doch scheinbar sind auch die Planungen der International School eher unzuverlässig und die Sache wurde am Freitag abgeblasen. Das hat mich dann irgendwie frustriert. Wenn ich etwas nicht selber plane, darf ich mich nicht drauf freuen, weil ich mir einfach nicht sicher sein kann, ob es überhaupt stattfindet – egal, wer das organisiert. Um mich auf andere Gedanken zu bringen, sind Anni und ich dann in den „Club La Liga“ gegangen. Um halb elf war dort zwar noch nichts los, doch ein paar Stunden später, als wir den Club verließen und uns in die Fänge einer Meute von Taxifahrern begaben, war der Laden angenehm voll. Die Musik war bescheiden (Sean Paul und Rihanna), aber irgendwie war es doch ganz nett. 200 Mililiter Konyagi (tansanischer Schnaps) für knapp eineurofünfzig, schöne Räumlichkeit (DJ saß in einem VW T1) und gute Atmosphäre (paar Freiwillige und Touristen, viele Einheimische, keine Prostituierten). War schön.

Entsprechend müde war ich dann am Samstag, was aber nicht verhinderte, dass dies wohl mein bislang schönster Tag in Moshi waren. Anni hatte uns ein kleines Ausflugsziel ausgesucht und nach einer guten halben Stunde Daladalafahrt, die Hänge des Kilimanjaro hoch, sind wir irgendwi zwischen Bananenplantagen mitten im Busch ausgestiegen. Ein Mitfahrer im Daladala kannte unser Ausflugsziel und verdonnerte ein paar Mädchen, die dort ohnehin hingingen, uns mitzunehmen und uns den Wg zu zeigen. Nach weiteren zwanzig Minuten zu Fuß durch Urwald ähnliche Gefilde tat sich vor uns auf einer Lichtung auf einem Plateau plötzlich die große katholische Kirche von Kiboshu auf. Es war wirklich sehr beeindruckend ein solches Bauwer an diesem Fleckchen Erde zu sehen. Obwohl es wahrscheinlich schon mehrere hundert Jahre alt ist, ist es vermutlich das stabilste Gebäude im Umkreis von zig Kilometern.

Auf unserem Wg dorthin habe ich mich gewundert, dass es hier scheinbar überall irgendwelche kleinen Behausungen gibt. Nie sind wir alleine in den Wäldern unterwegs gewesen und ständig kamen neue kleine Ortschaften entlang der Piste, die das Daladala gefahren ist. Wenn man dann denkt, wirklich am Ende der Welt angekommen zu sein, kommt plötzlich ein Markt, auf dem sich eine ganze Menge Leute tummeln. So geht es immer weiter... „du bist nicht allein...“

Von dem wunderbaren Ausflug am Samstag motiviert, haben wir uns Sonntag morgens um kurz nach sechs mit dem Daladala in Richtung Machame aufgemacht. Von diesem Ort aus laesst sich der Kilimanjaro besteigen, was wir jedoch auf einen anderen Tag verschieben. Wir sind dann bis zum Eingang des Nationalparks gewandert/spaziert, haben die ganze Zeit die Bananenplantagen im Vorder- und den Kili im Hintergrund bewundert und uns von der Sonne braten lassen. Auf dem Rueckweg hat sich uns dann ein netter Herr, William, unserer angenommen. Uebeerraschenderweise wollte er uns weder eine Wanderung zu irgendeinem Wasserfall, noch eine Safari oder eine Kilibesteigung andrehen. Er hat einfach mit uns geredet (englisch) und immer wieder betont, dass auch er das macht, weil er durch den Dialog mit anderen immer lernen kann. Egal woher man kommt und egal wie alt man ist, man kann immer von anderen lernen. William war wirklich sehr nett und hat uns dann auch zu sich nach Hause auf seinen kleinen Bauernhof mitgenommen, der ohnehin direkt an der Strasse lag, die wir langliefen. Auf seinem bescheidenen, schoenen gut baute er Kaffee, Bananen und ein bisschen Gemuese an und er hatte sogar zwei Kuehe und ein paar Huehner. Wenn die Bauern, mit denen ich waehrend des Projekts in Kontakt komme, aehnlich interessant wie William sind, dann freue ich mich schon auf spannende zehn Monate. Eine weitere interessante Erfahrung war das Ausprobieren von Mbege. Das ist ein leicht alkoholisches Getraenk aus Weizen und Bananen gebraut, das uns Williams Frau servierte. Das Glas blieb quasi voll stehen, da mich der Geschmack nicht wirklich ueberzeugte. Abschliessend hat dieser nette Bauer uns in seine Gemeinde eingeladen, in der Deutsche wohl immer mit offenen Armen empfangen werden. Grund dafuer ist, dass man wohl einen engen Kontakt zu einer Partnergemeinde nach Deutschland pflegt. Da werde ich jetzt mal im Internet recherchieren.

Bis bald!

2 Kommentare:

  1. Du lernst so viele coole Leute kennen! Total klasse :) Deinen Blog zu lesen entspannt ungemein - wir haben so viel Arbeit und Stress, das selbst Malte unter Druck gerät ;-)
    Viele Grüße
    Lisa

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  2. Hey Hannes!
    Na, ist Grace schon angekommen? Wie schaut's aus mit der Arbeit?
    Hier habe ich mehr als genug davon – muss jetzt auch schnell in die Uni! Also: Bis denn, dann!
    Simon

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